BGH: Händler haften für Produktinformationen ihrer Lieferanten

(Online-) Händler haften für die im Sinne des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Produktpräsentation, die sie vom Hersteller/Zulieferer übernommen haben. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 31.3.2016 im Rahmen der Leitsatzentscheidung „Himalaya-Salz“ (I ZR 86/13) ausdrücklich bestätigt.

Diese Haftung ist keinesfalls nachrangig oder beschränkt, sondern der (Online-)Händler haftet seinen eigenen Wettbewerbern gegenüber als Täter im Sinne von § 8 Abs. 1 UWG und damit so, als ob er die wettbewerbswidrige Produktinformation selbst gestaltet hätte.

Im Urteil des BGH heißt es hierzu: „Die Haftung der Beklagten ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Lieferantin des Salzes, […], die Produktangaben in ein von der Beklagten zur Verfügung gestelltes „Upload-Sheet“ eingestellt hat“ [Anm.: Die Produktangaben wurden von der Lieferantin in eine dafür vorgesehene Maske eingetragen].

Einer Analogie zur Beauftragtenhaftung nach § 8 Abs. 2 UWG bedürfe es zur Begründung der Haftung jedoch nicht, denn: „Die Haftung der Beklagten ergibt sich vorliegend schon daraus, dass sie als Online-Händlerin das in Rede stehende Himalaya-Salz im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auf ihrer Internetseite angeboten hat. Damit hat die Beklagte dem Internetnutzer den Eindruck vermittelt, sie übernehme die inhaltliche Verantwortung für die in ihrem Namen eingestellten Verkaufsangebote. Dass die Beklagte sich bei der Erstellung der konkreten Produktpräsentation eines dritten Unternehmens – hier ihrer Lieferantin – bedient hat, ändert an ihrer Täterschaft nichts“ (BGH, Urt. v. 31.3.2016 – I ZR 86/13, Rn. 39).

Für (Online-) Händler bedeutet das: Es ist keine Frage der Zurechnung von Drittverhalten, ob für die Produktbeschreibungen und -informationen in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht gehaftet wird.

Tatsächlich gibt es auch keine Möglichkeit für (Online-)Händler, diese (deliktische) Haftung im Außenverhältnis gegenüber Dritten zu beschränken. (Online-)Händler müssten nach dem Willen des BGH also jede von Ihnen eingebundene Drittinformation zu Produkten prüfen und deren Rechtskonformität sicher stellen. Eine gewisse (Kosten-)Sicherheit kann eine vertragliche Regelung der Risikoverteilung im Verhältnis zu den Lieferanten bieten. Zum Beispiel könnte dieser im Rahmen eines Regressanspruchs zur Erstattung möglicher Kosten der Rechtsverteidigung verpflichtet werden.

Fraglich ist, ob das Urteil des BGH auf Fälle übertragen werden kann, in denen Produktinformationen Dritter in Masse in einen Online-Shop eingebunden werden (z.B. Affiliate Marketing oder Online-Shops mit einer sehr großen Produktpalette). Eine Beschränkung der hier dargestellten Prüfpflicht bzw. des Haftungsumfangs nach den Maßstäben der Störerhaftung (Stichwort: „notice and take down“) kommt im Wettbewerbsrecht jedoch nicht in Betracht. Es handelt sich um Fälle des sog. Verhaltensunrechts die – anders als Fälle der Verletzung absoluter Schutzrechte – allein nach den deliktsrechtlichen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme begründet werden (BGH, Urt. v. 18.6.2014 – I ZR 242/12, Rn. 11.).

Eine täterschaftliche (Außen-) Haftung wäre nach den mit dem jüngsten Urteil aufgestellten Maßstäben daher aktuell auch in Fällen der Massenhaften Einbindung von Produktinformationen zu bejahen.

Autorin: Jennifer Hort-Boutouil

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