BGH: Vertrag über Platzierung elektronischer Werbeanzeigen ist Werkvertrag

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 22.03.2018 (Az. VII ZR 71/17) zur rechtlichen Einordnung eines Vertrages über die Platzierung elektronischer Werbeanzeigen Stellung genommen und diesen als Werkvertrag qualifiziert. Der Entscheidung vorangegangen waren ein klageabweisendes Urteil des AG Bad Kreuznach vom 29.07.2016 (Az. 22 C 3/16) und eine sich anschließende Berufung vor dem LG Bad Kreuznach vom 01.03.2017 (Az. 1 S 86/16), die ebenfalls ohne Erfolg blieb. Auf die Revision der Klägerin hat der BGH die Urteile der Vorinstanzen nun aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Worum ging es?

Die Klägerin – ein Unternehmen aus dem Bereich der Werbe- und Medientechnik – verlangte die Zahlung der Vergütung für die Schaltung einer Werbeanzeige im Internet. Grundlage hierfür war ein schriftlich fixierter Auftrag, in dem es um die Platzierung einer Werbeanzeige der Größe 440 x 130 Pixel zu einem Nettopreis von monatlich 80 € unter einer bestimmten Domain ging.

Der BGH musste sich in diesem Verfahren mit zwei Fragestellungen befassen:

  1. Wie ist ein Vertrag über die Platzierung einer Werbeanzeige rechtlich zu qualifizieren?
  2. Welche Anforderungen sind an die Wirksamkeit eines solchen Vertrages zu stellen?

Der BGH entschied zur ersten Frage, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag als Werkvertrag gemäß § 631 BGB zu qualifizieren sei. Auch das Berufungsgericht hatte bereits diese Einordnung vorgenommen. Ein Dienstvertrag (§ 611 BGB) liege vorliegend nicht vor. Durch einen Werkvertrag wird ein Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks und der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 Abs. 1 BGB). Der vom Unternehmer zu erbringende Erfolg besteht hier wie im Falle eines Vertrages über die Schaltung einer Werbeanzeige in einem Printmedium oder als Plakataushang darin, eine bestimmte Werbemaßnahme in der im Vertrag festgelegten Form dem potentiellen Kundenkreis zur Kenntnis zu bringen.

Hinsichtlich der zweiten Frage war das Berufungsgericht der Ansicht gewesen, dass ein solcher Vertrag nur wirksam sei, wenn der Vertrag hinreichend bestimmte Vereinbarungen zur Werbewirksamkeit der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige enthielte. Dieser Rechtsauffassung folgte der BGH aber nicht. Nähere Vereinbarungen zur Werbewirksamkeit gehörten nach Auffassung des BGH – vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung der Vertragsparteien – nicht zum wesentlichen Inhalt eines solchen Vertrages. Der Besteller trage vielmehr das Risiko, dass der mit der in Auftrag gegebenen Werbemaßnahme gewünschte Erfolg erzielt werde. Die von der Klägerin geschuldete Leistung sei nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag daher durchaus hinreichend bestimmt. Das Fehlen näherer Vereinbarungen führe somit nicht dazu, dass ein solcher Vertrag als unwirksam anzusehen sei.

Das angefochtene Urteil kann daher nach Entscheidung des BGH keinen Bestand haben und ist somit aufzuheben. Das Berufungsgericht wird nun erneut über die Sache entscheiden. Insbesondere ist noch zu klären, ob die übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.

Warum könnte das Urteil für Sie wichtig sein?

Die Qualifizierung des Vertragstypus hat erhebliche Konsequenzen, insbesondere für die Frage der Gewährleistung und Risikoverteilung. Hier ist eine Abgrenzung zwischen Werk- und Dienstvertrag vorzunehmen.

Bei einem Werkvertrag (§ 631 BGB) verpflichtet sich der Unternehmer, das vereinbarte Werk herzustellen und der Besteller zur Zahlung der vereinbarten Vergütung. Es wird ein konkreter Erfolg geschuldet – der Werkvertrag unterscheidet sich somit vom Dienstvertrag (§ 611 BGB) darin, dass nicht lediglich eine Tätigkeit zu erbringen ist. Ein bloßes Wirken oder auch „sich bemühen“ reicht hier also gerade nicht. Das Risiko des Erfolges liegt beim Unternehmer. Zudem ist die Vergütung erst bei Abnahme des geschuldeten Werkes zu zahlen (§ 641 Abs. 1 BGB). Bei einem Dienstvertrag entsteht der Anspruch auf Vergütung durch die Erbringung der Dienstleistung als solche. Bei einem Dienstvertrag ist die Abnahme (§ 640 BGB) entbehrlich und es bestehen keine Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers hinsichtlich der vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistung.

Die Qualifizierung des Vertrages über die Platzierung elektronischer Werbeanzeigen als Werkvertrag hat also Vorteile für den Besteller – er trägt weniger Risiken und hat im Falle von Mängeln Gewährleistungsansprüche.

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