Vereinbarkeitsrichtlinienumsetzungsgesetz (VRUG) – Vereinbarkeit von Familie und Beruf?

Am 24.12.2022 ist das Vereinbarkeitsrichtlinienumsetzungsgesetz (VRUG) in Kraft getreten. Damit sind  Änderungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), im Pflegezeitgesetz (PflegeZG), im Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) einhergegangen.

Hintergrund: Richtlinie (EU) 2019/1158

Das VRUG soll die Richtlinie (EU) 2019/1158 vom 20.06.2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates umsetzen. Eine Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten sollte bis zum 02.08.2022 erfolgen. Der deutsche Gesetzgeber war daher spät dran, sodass im September 2022 durch die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet wurde.

Die Richtlinie (EU) 2019/1158 formuliert verschiedene Ziele:

„Die Politik im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sollte zur Förderung der Geschlechtergleichstellung beitragen, indem sie die Erwerbstätigkeit von Frauen und die gerechte Aufteilung von Betreuungs- und Pflegeaufgaben zwischen Männern und Frauen unterstützt und indem sie die Einkommens- und Entgeltschere zwischen den Geschlechtern schließt.“ lautet Erwägungsgrund 6 der Richtlinie (EU) 2019/1158.

Insbesondere stellt Erwägungsgrund 10 heraus, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Arbeitnehmer mit Betreuungs- bzw. Pflegeaufgaben eine große Herausforderung darstellt, was sich letztlich negativ auf die Beschäftigungsquote vor allem von Frauen auswirkt.

Auch nimmt Erwägungsgrund 12 Stellung dazu, dass die Beseitigung wirtschaftlicher Negativanreize zudem dazu beitragen kann, dass Zweitverdiener (die zumeist Frauen sind) ermutigt werden, sich uneingeschränkt in den Arbeitsmarkt einzubringen. Hierzu nennt der Richtliniengeber die Bereitstellung zugänglicher und erschwinglicher Kinderbetreuung und Langzeitpflege.

Umsetzung der Richtlinie durch VRUG

Das VRUG setzt einige, wenn auch nicht alle, zu regelnden Aspekte aus der Richtlinie um:

  • Arbeitgeber müssen Antragsablehnungen auf flexible Arbeitsregelungen in der Elternzeit begründen.
  • Arbeitgeber in Kleinbetrieben müssen Anträge der Beschäftigten auf den Abschluss einer Vereinbarung über eine Freistellung nach dem Pflegezeit- sowie dem Familienpflegezeitgesetz innerhalb von vier Wochen nach Zugang des Antrags beantworten und im Fall der Ablehnung begründen. Während der vereinbarten Freistellung gelten die damit verbundenen Rechte und Rechtsfolgen (insb. Kündigungsschutz während Freistellung).
  • Auch für Beschäftigte in Kleinbetrieben, die mit ihrem Arbeitgeber eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz vereinbaren, wird geregelt, dass sie die Freistellung vorzeitig beenden können, wenn die oder der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege der oder des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar ist.
  • Die Zuständigkeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wurde erweitert: Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nach dem AGG wird für Fragen im Zusammenhang mit Diskriminierungen im Rahmen der Vereinbarkeitsrichtlinie zuständig und kann bei Verdacht der Benachteiligung durch Beschäftigte in Anspruch genommen werden.

Als Kleinbetrieb i.S.d. PflegeZG wird ein Betrieb mit 15 oder weniger Beschäftigten verstanden, während ein Kleinbetrieb i.S.d. FPfZG vorliegt, wenn 25 oder weniger Beschäftigte im Betrieb tätig sind.

Was nicht geregelt wird…

Zwar sind einige inhaltliche Vorgaben der Richtlinie bereits heute in Deutschland umgesetzt. Einige Aspekte sind jedoch nicht geregelt:

Auf Erwägungsgrund 12 der Richtlinie und damit auf die Beseitigung der wirtschaftlichen Negativanreize geht das VRUG nicht ein.

Der von der Richtlinie geforderte „Vaterschaftsurlaub“ wird ebenfalls nicht geregelt. Väter oder – soweit nach nationalem Recht anerkannt –gleichgestellte zweite Elternteile sollen einen Anspruch auf zehn Arbeitstage Vaterschaftsurlaub haben, der anlässlich der Geburt des Kindes des Arbeitnehmers genommen werden muss. Hierbei ist der Anspruch auf Vaterschaftsurlaub nicht an eine vorherige Beschäftigungs- oder Betriebszugehörigkeitsdauer geknüpft und wird unabhängig vom im nationalen Recht definierten Ehe- oder Familienstand des Arbeitnehmers gewährt.

Die Koalitionspartner haben sich im Koalitionsvertrag dazu bekannt, eine zweiwöchige Partnerfreistellung nach Geburt einzuführen. Die Umsetzung in einem eigenen Gesetz soll voraussichtlich erst 2024 erfolgen.

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