Am 13.12.2019 wurde nach Erlass des Maßnahmenpakets gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität durch das Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) der Referentenentwurf zu einem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität auf den Weg gebracht.
Ziel des Gesetzes soll eine effektive Strafverfolgung, insbesondere von Rechtsextremismus sowie Hasskriminalität im Internet, sowie eine Konkretisierung von Verantwortlichkeiten der Anbieter sozialer Netzwerke sein. Neben Änderungen u.a. im Strafgesetzbuch (StGB) und der Strafprozessordnung (StPO) sieht der Referentenentwurf auch Änderungen im Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sowie im Telemediengesetz (TMG) vor. Die vorgesehenen maßgeblichen Änderungen im NetzDG und im TMG haben wir in diesem Beitrag für Sie aufbereitet.
Meldeverpflichtung an das BKA im Rahmen des NetzDG
Zunächst sieht der Referentenentwurf eine Meldeverpflichtung der Anbieter sozialer Netzwerke (mit mindestens zwei Millionen in Deutschland registrierten Nutzern) in Bezug auf strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt (BKA) vor. Eine Meldung soll erfolgen, sofern der Anbieter auf eine Beschwerde über strafbare Inhalte hin die Einschätzung der Strafbarkeit des Inhalts teilt. Eine Pflicht soll dabei für solche Inhalte bestehen, durch die der Schutz der demokratischen Ordnung gefährdet sein könnte.
Dabei ist vorgesehen, dass die Beschwerde über rechtswidrige Inhalte sowie die Mitteilung über die Löschung des Inhalts bzw. Sperrung des Zugangs übermittelt werden soll. Sofern vorhanden, soll ebenfalls die IP-Adresse einschließlich der Portnummer, die vom Nutzer verwendet worden ist, übermittelt werden. In zeitlicher Hinsicht soll die Meldung für offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden, für sonstige Inhalte innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Beschwerde erfolgen.
Sofern der Anbieter seiner Verpflichtung zur Übermittlung nicht nachkommen sollte, sieht der Entwurf die Verhängung eines Bußgeldes vor. Ein solches soll bis zu einer Höhe von fünfzig Millionen Euro verhängt werden dürfen.
Nach Ablauf einer 14-tägigen Frist ab der Mitteilung soll der Anbieter des sozialen Netzwerks den jeweiligen Nutzer über die Übermittlung an das BKA informieren. Eine Information des Nutzers soll nur dann unterbleiben, wenn die Information wegen der Gefährdung des Untersuchungszwecks, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der persönlichen Freiheit einer Person oder von bedeutenden Vermögenswerten zurückzustellen ist. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn bekannt wird, dass der Nutzer bei erfolgter Information über die Weitergabe seiner Daten die angekündigte Tat schneller als geplant vollziehen wird.
Welche Änderungen sind im TMG vorgesehen?
Weiterhin beabsichtigt der Referentenentwurf, das Auskunftsverfahren zwischen Telemediendiensteanbietern und Behörden in Bezug auf Nutzungs- und Bestandsdaten neu zu regeln.
Derjenige, der geschäftsmäßig Telemediendienste erbringt, soll sowohl Bestands- als auch Nutzungsdaten im Rahmen eines Auskunftsverfahrens „an die zuständigen Stellen“ u.a. zum Zwecke der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung übermitteln. Ausdrücklich vorgesehen ist auch die Auskunftserteilung über solche Bestandsdaten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder Speichereinrichtungen geschützt wird (z.B. Passwörter). Ebenso dürfen die zu übermittelnden Bestandsdaten anhand der IP-Adresse gewonnen werden, wofür eine automatisierte Auswertung von Nutzungsdaten ausdrücklich zugelassen sein soll. Der Telemediendiensteanbieter soll im Rahmen der Auskunftserteilung sämtliche unternehmensinterne Datenquellen berücksichtigen.
Der Entwurf sieht als zuständige Stellen u.a. die Behörden vor, die für die Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zuständig sind, aber auch solche, die für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständig sind. Eine solche Regelung ermöglicht, dass z.B. auch jedwede Polizeibehörde ein Auskunftsverlangen an den Telemediendiensteanbieter richten kann.
Das Auskunftsersuchen soll dabei in Textform gestellt werden. Bei Gefahr im Verzug soll auf das wenig strenge Formerfordernis sogar verzichtet werden dürfen, solange das Verlangen nachträglich in Textform bestätigt wird. Wenig verständlich erscheint die Knüpfung des Auskunftsverlangen an derart geringe Voraussetzungen. Die Textform als bekanntermaßen „leichteste“ Form für das Auskunftsverlangen zu wählen, erscheint vor dem Hintergrund, dass vor jedweder Strafverfolgungsbehörde sogar Zugriffsdaten wie Passwörter preisgegeben werden dürfen, fragwürdig. Für die Strafverfolgungsbehörden stellt es damit ein Leichtes dar, die Auskunft einzuholen – und dies z.B. ganz ohne vorherige Anrufung eines Richters und der Einholung eines richterlichen Beschlusses.
Die erforderlichen Vorkehrungen zur Auskunftserteilung sollen ferner auf Kosten des Telemediendiensteanbieters getroffen werden. Sofern der Telemediendiensteanbieter mehr als 100.000 Kunden vorweisen kann, soll er zur Einrichtung einer gesicherten elektronischen Schnittstelle verpflichtet werden.
Fazit
Der Referentenentwurf zum Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität sieht eine Verschärfung der bestehenden Rechtslage vor und geht dabei über das erforderliche Maß an Verschärfung hinaus. Über den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahren werden wir Sie auf dem Laufenden halten. Das Maßnahmenpaket ist tierabrufbar: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2019/103019_Ma%C3%9Fnahmenpaket_Kabinett.html
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