Recht auf Einsichtnahme in nicht anonymisierte Listen über Bruttolöhne

Bislang verweigerten Arbeitgeber dem Betriebs- oder Personalrat oftmals die Einsichtnahme in nicht anonymisierte Listen über Bruttolöhne und Bruttogehälter. Wie dies nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 07.05.2019 zu beurteilen ist, erläutern Sascha Kremer und Jana Schminder anhand der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 15.5.2019 (Az.: 3 TaBV 10/18) in der HR Performance 05/2019.

Nachfolgend haben wir die wichtigsten Informationen für Sie zusammengefasst:

Recht auf Einsichtnahme in nicht anonymisierte Listen

Nach § 80 Abs. 1 BetrVG muss der Betriebsrat den ihm obliegenden Aufgaben nachkommen. Der Arbeitgeber ist zwecks Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats verpflichtet, diesen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und auf sein Verlangen die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Um seiner Überwachungsfunktion nachkommen zu können, steht dem Betriebsrat gemäß § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG auch das Recht zu, Einsicht in Listen über Bruttolöhne und -gehälter zu nehmen.

Dabei ist der Betriebsrat insbesondere berechtigt, die Einsichtnahme in nicht anonymisierte Listen zu verlangen. Um der Überwachungsfunktion ordnungsgemäß nachkommen zu können, bedarf es der Möglichkeit, konkrete Feststellungen treffen zu können. Dafür ist es notwendig, dass das Recht auf Einsichtnahme nicht durch eine Anonymisierung beschränkt wird. Der Betriebsrat kann nur so sein Recht auf Mitbestimmung bei der betrieblichen Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG wahrnehmen.

Keine zweistufige Prüfung

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern erteilte der vom Arbeitgeber angeführten Möglichkeit einer zweistufigen Prüfung eine Absage. Es laufe den Rechten des Betriebsrats zuwider, wenn dieser zunächst nur Einsichtnahme in anonymisierte Listen erhalte und Klarnamen anschließend nur bei etwaigen Unstimmigkeiten mitgeteilt werden. Eine solche Vorgehensweise würde zu einer unzulässigen Offenlegung der Arbeitsweise des Betriebsrats führen.

Kein datenschutzrechtlicher Verstoß

Aus datenschutzrechtlicher Sicht liegt eine Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses vor, welche nach § 80 Abs. 2 BetrVG auch erforderlich ist. Somit bestehen gemäß Art. 88 Abs. 1 DS-GVO i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG bei nicht anonymisierten Listen über Bruttoentgelte keine Bedenken, solange keine Nettoentgelte offen gelegt werden und nur einsichtsberechtigte Personen Kenntnis von den Daten erlangen.

Kein Verstoß gegen das Entgelttransparenzgesetz

Das Entgelttransparenzgesetz dient der Erweiterung der rechtlichen Stellung des Betriebsrats. Zwar gibt es Regelungen, die zu einer Anonymisierung von Klarnamen verpflichten (§§ 13 Abs. 3, 12 Abs. 3 EntgTranspG). Diese gelten jedoch nur in Bezug auf Auskunftsansprüche der Beschäftigten, nicht in Bezug auf ein Auskunftsverlangen des Betriebsrats.

Fazit

Betriebsräte können im Rahmen ihres Rechts auf Einsichtnahme die Offenlegung von nicht anonymisierten Listen über Bruttolöhne und -gehälter verlangen. Dies geht aus den Beschlüssen des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern als auch des Bundesarbeitsgerichts hervor.

Den vollständigen Aufsatz finden Sie unter www.hrperformance-online.de.

Bei Fragen wenden Sie sich gerne direkt an die Autoren Sascha Kremer und Jana Schminder oder schauen Sie auf der Teamseite, wer noch bei uns arbeitet.