Neues Tariftreue- und Vergabegesetz NRW in Kraft getreten!

Nachhaltige Beschaffung ade?

Im Rahmen des Entfesselungspaketes I der Landesregierung NRW und der damit verbundenen Entbürokratisierung verschiedener Regelungsbereiche, wurde das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW (TVgG-NRW) reformiert. Die Neufassung ist seit dem 30. März 2018 in Kraft.

Entsprechend des Ziels der Entbürokratisierung wurden die Anforderungen des nunmehr seit Mai 2012 geltenden TVgG-NRW (erneut) überarbeitet und verschlankt, was der Mehrheit der Anwender auf Auftraggeber- und Auftragnehmerseite in NRW einen erleichterten Seufzer abringen dürfte. Zweck des TVgG-NRW war und ist die Sicherstellung von fairem Wettbewerb und die Erlangung des wirtschaftlichsten Angebots unter gleichzeitiger Sicherstellung von Tariftreue und Zahlung des Mindestlohns. Daneben wurden in der nun abgelösten Fassung auch die Einhaltung von Nachhaltigkeitsaspekten pflichtig geregelt. Allem voran mussten die ILO-Kernarbeitsnormen (der International Labour Organization) über Verpflichtungserklärungen der Auftragnehmer (Bieter) garantiert werden. Ein Umstand, der auch im IT-Bereich (Informations- und Kommunikationstechnik – Hardware) zu Problemen geführt hat. Hinzu kam noch die Berücksichtigung von Frauenförderungsmaßnahmen und die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. So hehr das Ziel des Gesetzes auch ist – die Einholung der vielen Erklärungen im Vergabeverfahren schreckte Vergabepraktiker wie Bieter ab.

Statt vieler Verpflichtungserklärungen, die abhängig von Verfahrensgegenstand und Auftragswert bislang einzuholen waren, muss nunmehr vertraglich nur noch die Einhaltung von Mindestarbeitsbedingungen und der Zahlung des Mindestentgeltes (Tarifvertrag, Rechtsverordnung oder Mindestlohngesetz) bei der Erbringung von Dienstleistungen gewährleistet werden. Beauftragte Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Nachunternehmer diese Pflichten ebenfalls einhalten. Dies gilt einheitlich ab einem geschätzten Auftragswert von 25.000 € (ohne Umsatzsteuer). Die Unterteilung in verschiedene Auftragswerte wurde damit aufgegeben.

Den Auftraggebern wird vertraglich ein Prüfrecht eingeräumt, ein außerordentliches Kündigungsrecht sowie die Geltendmachung einer Vertragsstrafe für den Fall eines Verstoßes. Das Muster für die vertragliche Vereinbarung kann unter www.vergabe.nrw.de abgerufen werden. Die Servicestelle für Fragen zum TVgG-NRW wird abgeschafft.

Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten, wie Umweltschutz, Energieeffizienz (insbesondere auch Lebenszykluskosten), ILO-Kernarbeitsnormen und Aspekte der Frauenförderung, ist indes nicht obsolet geworden. Ihre Berücksichtigung erfolgt ohnehin über das Vergaberecht des Bundes über das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). Auftraggeber können dann im Rahmen ihres Leistungsbestimmungsrechts und der rechtlichen Vorgaben für jeden Einzelfall die zu beachtenden Aspekte selbst auswählen. Ob dies, wie verschiedentlich befürchtet wird, zu einem Rückgang der nachhaltigen Beschaffung führt, bleibt abzuwarten.

Haben Sie Fragen zur Durchführung von rechtskonformen Vergabeverfahren – insbesondere im IT-Sektor? Wir helfen gerne – hier finden Sie unsere Ansprechpartner.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.