Neues zur Haftung von Suchmaschinen für Suchergebnisse

Mit Urteil vom 13.10.2016 (Az. 15 U 173/15) hat das OLG Köln entschieden, dass die Suchmaschinenbetreiberin Google Inc. grundsätzlich als mittelbarer Störer für die in ihrer Suchergebnisliste indizierten Inhalte haften kann. Voraussetzung ist, dass sie ihr obliegende Prüfpflichten nicht bzw. nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Dies allerdings nur nachdem der Betroffene sie vorher über die konkrete Art der Verletzung seiner Rechte unter Angabe der Links und Darlegung der offensichtlich vorliegenden Rechtsverletzung hingewiesen hat. 

Das Urteil des OLG Köln ist aus mehreren Gründen interessant:

Zum einen leitet es umfangreich und sehr systematisch die rechtlichen Grundlagen der Haftung seitens Google her. Dabei berücksichtigt es, neben der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der vergangenen Jahre (domain-verpächterVorschaubilderBlog-EintragAutocomplete, Access-Provider), auch die jüngste Rechtsprechung des EuGH. Nach dieser EuGH-Rechtsprechung kann selbst ein gemäß § 8 Telemediengesetz (TMG) privilegierter Diensteanbieter (reine Durchleitung) wegen einer Urheberrechtsverletzung durch von ihm übermittelte Informationen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (EuGH Urt. v. 15.9.2016 C-484/14). Mit der Auffassung, dass Google Inc. grundsätzlich wegen der Verlinkung von rechtswidrigen Suchergebnissen in Anspruch genommen werden kann, steht das OLG Köln dabei nicht allein. Auch das OLG München ist in einer jüngeren Entscheidung aus dem Jahr 2015 zu diesem Ergebnis gekommen.

Darüber hinaus enthält das Urteil des OLG Köln konkrete Angaben dazu, welchen Anforderungen der Betroffene bei der Information des Suchmaschinenbetreibers über ihn betreffende Rechtsverletzungen gerecht werden muss, um bei diesem überhaupt Prüfpflichten auszulösen, deren Verletzung einen eigenständigen Anspruch gegen den Suchmaschinenbetreiber (als mittelbarem Störer) begründen kann.

Hinzu kommt, dass das OLG Köln in diesem Zusammenhang Stellung zur Beweislastverteilung hinsichtlich der Darlegung tatsächlicher Grundlagen der Rechtsgutverletzung im Verhältnis zum Suchmaschinenbetreiber nimmt und hier den Betroffenen in die Pflicht nimmt.

Und nicht zuletzt begründet das OLG Köln noch einmal ausführlich, warum die Google Germany GmbH nicht für Verfahren im Zusammenhang mit dem Betrieb der Suchmaschine Google passivlegitimiert ist.

Folgende Anforderungen an die Darlegung der Rechtsgutsverletzung sind nach dem OLG Köln zu stellen:

  • Die behauptete Rechtsverletzung muss dem Suchmaschinenbetreiber offensichtlich erkennbar gemacht werden. Das Inkenntnissetzungsschreiben des Betroffenen muss daher so detailliert über den Sachverhalt informieren, dass sich die behauptete Rechtsverletzung sowohl in tatsächlicher Hinsicht eindeutig darstellt als auch in rechtlicher Hinsicht die nicht hinzunehmende Beeinträchtigung des Betroffenen auf der Hand liegt.
  • Es genügt nicht, die beanstandeten Links zu nennen und pauschal eine Rechtsverletzung zu behaupten.
  • Es bedarf der Angabe von Details, die hinreichende Möglichkeit geben, die konkret angegriffenen Inhalte zu prüfen, ggf. selbst zu recherchieren und rechtlich zu bewerten.
  • Die Beweislast für die Tatsachen, welche eine Rechtsgutverletzung begründen, soll nach dem OLG Köln im Verhältnis zum Suchmaschinenbetreiber der Betroffene selbst tragen. Die in das Zivilrecht übernommene Beweislastregel des § 186 StGB (üble Nachrede), wonach derjenige, der eine Tatsachenbehauptung verbreitet im Zweifel deren Wahrheit beweisen muss, könne auf den Suchmaschinenbetreiber keine Anwendung finden, da dieser nur einen Link zu einer Internetseite nachweise, auf der die Tatsachenbehauptung enthalten sei, diese so aber nicht selbst nicht im Rechtssinn verbreite. Jedenfalls habe der Betroffene insoweit eine sekundäre Darlegungspflicht, da der Suchmaschinenbetreiber keine eigene Kenntnis über die tatsächlichen Hintergründe der Rechtsgutverletzung haben könne.

Diese Anforderungen ergeben sich nach Auffassung des OLG Köln direkt aus zwei prägenden Merkmalen der mittelbaren Störerhaftung. Zum einen sei dem Betreiber einer Suchmaschine – anders als dem domain-Verpächter oder dem Host-Provider – regelmäßig die Durchführung eines Stellungnahmeverfahrens unmöglich, weil ihm weder die Autoren noch die Inhaber der durch Links nachgewiesenen Seiten bekannt sind. Zum anderen ist der Betreiber einer Suchmaschine nicht in der Lage, ausschließlich die vermeintlich rechtswidrigen Inhalte von den durch ihn nachgewiesenen Internetseiten zu entfernen, sondern kann lediglich den Link als solchen für die Suche der Nutzer sperren. Dies habe zwingend zur Folge, dass damit auch die Auffindbarkeit der restlichen, inhaltlich möglicherweise beanstandungsfreien Inhalte dieser Seite verhindert wird.

Suchmaschinenbetreiber kann nicht auf Websitebetreiber verweisen:

Einer lediglich subsidiären (nachrangigen) Haftung der Suchmaschinenbetreiber im Verhältnis zu den Websitebetreibern oder Autoren selbst, erteilt das OLG Köln unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 13.5.2014 (Recht auf Vergessenwerden – C-131/12) eine Absage. Der EuGH hat hier ausgeführt, dass die Haftung der Suchmaschinenbetreiber für die Datenverarbeitung im Rahmen der Sucherergebniserstellung neben die Grundrechtsbeeinträchtigung tritt, die von der Original-Veröffentlichung ausgeht. Ein umfassender Rechtsschutz der Betroffenen setze voraus, dass auch die Suchmaschinenbetreiber selbst in Anspruch genommen werden könnten. Dieser Auffassung schließt sich das OLG Köln an.

Google Germany falscher Klagegegner:

Soweit neben der Google Inc., USA, auch die Google Germany GmbH, Deutschland, im Klageverfahren in Anspruch genommen wurde, hat das OLG Köln deren Passivlegitimation verneint und die Klage schon aus diesem Grund abgewiesen. Weder sei die Google Germany GmbH Betreiberin der Suchmaschine, noch ergebe sich aus dem Justizgewährleistungsanspruch oder den Vorgaben der Rechtsprechung etwas anderes. Das entspricht im Ergebnis der weiterhin ständigen Rechtsprechung der Instanzgerichte.

Autorin: Jennifer Hort-Boutouil

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