Zentrale Normen: §§ 305, 307, 448 BGB
Der Onlineanbieter für Veranstaltungstickets Eventim (CTS EVENTIM AG & Co. KGaA) muss in Zukunft teilweise auf die bisher von ihm angewandten Preisklauseln verzichten. So lautet das BGH-Urteil vom 23. August 2018 (III ZR 192/17). Die Pressemitteilung des BGH dazu finden Sie hier.
Der Sachverhalt
Die Beklagte (Eventim) ist teils Veranstalterin, teils Vermittlerin und teils Kommissionärin für Eintrittskarten für verschiedene Veranstaltungen und Events. Beim Bestellvorgang berechnete das Unternehmen bisher zusätzlich zum „Normalpreis“ der Karten auch noch unterschiedliche Gebühren für den Service und den Versand. So fielen beim sogenannten „Premiumversand“ 29,90 EURO zusätzlich an. Als Alternative bot die Beklagte das „Ticketdirect – das Ticket zum selbst ausdrucken“ (print@home-Option) an. Wählte der Kunde diese Option, wurde ihm am Ende der Bestellung ein Link zu einer PDF-Datei zur Verfügung gestellt, über den die erworbene Eintrittskarte ausgedruckt werden konnte. Hierfür berechnete der Online-Händler eine zusätzliche Gebühr in Höhe von 2,50 EURO. Grundlage der Erhebung dieser Gebühren sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmens, in denen diese die Preisklauseln verankert hatte.
Geklagt hatte die Verbraucherzentrale NRW, die die Klauseln für nicht gerechtfertigt gehalten hatte.
BGH weist Revision zurück
Nachdem sowohl das Landgericht Bremen (Az.: 1 O 969/15) als auch das Oberlandesgericht Bremen (Az.: 5 U 16/16) bereits die Anwendung beider Klauseln untersagt hatten, schließt sich nun auch der BGH der Entscheidung der vorherigen Instanzen an und weist die vom Berufungsgericht zugelassene Revision zurück.
Als Grundlage dieser Entscheidung dient die durch den Zivilsenat erfolgte Bewertung der Klauseln als Preisnebenabreden und das damit eröffnete Tor zu einer AGB-Kontrolle. Denn im Gegensatz zu Preisabreden (hier liegend in den Vereinbarungen über den Veranstaltungspreis), die der Privatautonomie unterliegen und nicht einer AGB-Kontrolle unterzogen werden können, haben Preisnebenabreden nur mittelbare Auswirkung auf den Preis und die Leistung. Sie ergänzen oder modifizieren die hauptsächliche Preisabsprache und treten gleichsam neben sie. Infolge dieses mittelbaren Charakters können Preisnebenabreden nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß den §§ 305 ff. BGB beurteilt werden.
Maßgebliche, seitens der Gerichte zur Beurteilung herangezogene Norm ist hier § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, auf deren Grundlage eine Inhaltskontrolle der Preisklauseln vorgenommen wurde.
Infolge der Übermittlung der Eintrittskarten seitens Eventim an den Käufer ist der Kauf den speziellen Regelungen des Versendungskaufs, dabei insbesondere dem § 448 BGB, unterworfen. Genau dieser Norm widersprechen die von Eventim genutzten Preisklauseln nach Ansicht des BGH.
Der Grundgedanke der Norm ist, dass der Käufer nur die Versendungskosten (z.B. Porto und Verpackungskosten) zu zahlen hat, nicht aber den internen Geschäftsaufwand des Verkäufers für die Bereitstellung der Ware zur Versendung. Nach der Rechtsprechung des BGH darf der Verwender von AGB für Tätigkeiten, zu denen er gesetzlich oder nebenvertraglich – wie hier im Falle des Versendungskaufs – verpflichtet ist oder die er größtenteils im eigenen Interesse erbringt, grundsätzlich kein zusätzliches Entgelt verlangen. Indem Eventim nun Gebühren für das Ausdrucken von Tickets oder für den sogenannten „Premiumversand“ erhob, wich das Unternehmen von den Grundsätzen des § 448 BGB ab. Im Einzelfall kann das Einbeziehen unterschiedlich hoher Gebühren für verschiedene Versandarten aufgrund eines höheren Geschäftsaufwands in die AGB zwar gerechtfertigt sein, jedoch stellte die Beklagte vorliegend keine Gründe dar, weshalb bei beim automatisierten Ausdrucken eines Tickets am heimischen Computer des Kunden ihr eigener Geschäftsaufwand gesteigert sei oder weshalb der Premiumversand 29,90 EURO kosten solle. Vielmehr vertrat die Beklagte die Auffassung, sie müsse die Grundlagen der Kalkulation nicht preisgeben.
Nach Auffassung des BGH liegt im Ergebnis mithin eine Benachteiligung der Käufer durch die Klauseln aufgrund des Abweichens von dem Grundgedanken des § 448 BGB vor. Daher hat der BGH die Verwendung der Klauseln untersagt.
Eventim hält an Gebühren fest
Die Verbraucherzentrale NRW fordert, dass Eventim die Gebühren an die betroffenen Kunden zurückzahlt. Andernfalls erwägt sie, ihre Gewinnabschöpfungsansprüche gegen Eventim geltend zu machen, damit wenigstens dem Konzern der Gewinn nicht bleibt.
Der Online-Kartenverkäufer beabsichtigt hingegen, zu prüfen, inwieweit Bearbeitungsgebühren weiterhin in den Bestellvorgang implementiert werden können. Dies dann in Form von niedrigeren Beträgen und nur sofern es nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs zulässig ist.
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