Bislang können sich Verbraucher bei Auskunfteien nach ihrer eigenen Bonität erkundigen. Wie ihre Wertung zustande kommt, erfahren sie jedoch nicht. Eine der bekanntesten Auskunfteien ist die Schufa Holding AG.
Der hessische Datenschutzbeauftragte Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch prüft wegen der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), ob die Kreditauskunft Schufa Holding AG den Verbrauchern online kostenlos Auskünfte über die von ihnen gespeicherten Daten erteilen muss. Bislang verschickt die Schufa die Auskunft nur postalisch. Dies kann unter Umständen bis zu zwei Wochen dauern, ist aber mittlerweile mehrfach im Jahr möglich. Wenn es eilig ist, können die Daten nach einer Registrierung auch online eingesehen werden. Dabei fallen einmalig 9,95 € für die Aktivierung an und sodann 3,95 € pro Monat bei einer Mindestlaufzeit von einem Jahr. Mehrere Verbraucher hatten sich deshalb bei der Behörde beschwert.
Ein Sprecher des besagten Unternehmens begründete die Praxis in einem Interview mit der „Welt“. Die Schufa verwehre den kostenlosen Download der gesammelten Daten, weil sie nicht feststellen könne, ob ein Online-Zugriff tatsächlich durch die berechtigte Person erfolge. Beim kostenpflichtigen Dienst müsse sich der/die Kunde/in durch die Prüfziffer seines/ihres Ausweises legitimieren.
Das sagt die DSGVO zum Auskunftsrecht
Art. 15 Abs. 1 DSGVO statuiert das Auskunftsrecht der betroffenen Person und regelt in Absatz 3, dass die Beauskunftung grundsätzlich kostenlos ist.
Nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO hat die Zustellung der angeforderten Auskunft grundsätzlich unverzüglich, aber spätestens binnen eines Monats zu erfolgen. Eine Fristverlängerung ist unter gegebenen Umständen auch möglich (Art. 12 Abs. 3 S. 2 DSGVO).
Auf die elektronische Anfrage an die Auskunftei bezieht sich Art. 12 Abs. 3 S. 3 DSGVO. So hat auf eine solche Anfrage auch nach Möglichkeit eine elektronische Antwort zu erfolgen.
Streit zwischen Schufa und Datenschutzbeauftragten
Fraglich ist jedoch, ob der elektronische Dienst auch ohne die Entstehung von Kosten für den Antragsteller erfolgen muss. Dies möchte der hessische Datenschutzbeauftragte nun einer umfassenden Prüfung unterziehen.
Die Schufa widerspricht der Prüfung. Der gesetzliche Anspruch aus der DSGVO auf Zusendung der gesammelten Daten innerhalb von vier Wochen sei bereits durch das postalische Zusenden erfüllt. Eine kostenlose Online-Abfrage scheitere an der Identitätsprüfung. Die zu bezahlenden Kosten bei einer Online-Registrierung dienten also im weiteren Sinne lediglich der Identitätsüberprüfung, nicht einer kostenpflichtigen Beschleunigung des Dienstes.
Ein entsprechendes Ergebnis ist noch abzuwarten.
Das Problem der „Scoreformel“
Doch es scheint noch weitere Probleme mit Auskunfteien wie der Schufa zu geben. Verbraucher können sich zwar über ihre Bonität erkundigen und die über sie gesammelten Daten mehrfach im Jahr kostenlos anfordern. Jedoch ist es nicht nachvollziehbar, wie und woraus sich der sogenannte „Bonitätsscore“ ergibt.
Insbesondere die Schufa steht hier im Fokus. Denn sie hat eine spezielle Formel, welche sie unter keinen Umständen herausgeben möchte. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshof (AZ.: VI ZR 156/13) liegt dazu bereits aus dem Jahre 2014 vor.
Hintergrund und Entscheidung des BGH
Klägerin war eine hessische Angestellte, der ein Leasingvertrag für ein Auto verwehrt wurde. Grund dafür war ihr Score, denn die Schufa stufte sie für Banken als „erhöhtes Risiko“ ein. Darauf beantragte die Klägerin Einsicht in ihre Daten und darauf, wie ihr schlechter Credit Score zustande gekommen ist. Schließlich wurde ihr durch die schlechte Wertung der Auskunftei ein günstiges Leasing eines Autos verwehrt.
Jedoch weigerte sich die Schufa vehement. Sie führte an, dass eine Wertung über einen Verbraucher lediglich als Meinung des Unternehmens wahrzunehmen sei. Die Entscheidung, ob und mit welcher Verzinsung ein Kredit an den Verbraucher entrichtet wird, liege letztendlich immer bei dem zuständigen Kreditunternehmen. Außerdem stelle eine Bekanntmachung der Scoreformel eine erhebliche Gefährdung für das Geschäft des Unternehmens da.
Der BGH beruft sich in seinem Urteil auf § 34 IV BDSG: Der Verbraucher hat einen Anspruch auf Auskunft über personenbezogene, gesammelte Daten, insbesondere über die Scorewerte. Allerdings bestehe kein Anspruch auf Mitteilung der Scoreformel, denn sie stelle ein Geschäftsgeheimnis dar.
Die Scoreformel und die DSGVO
Unter Anwendung der DSGVO könnte aber nun ein neuer Streit über die Veröffentlichung der Scoreformel entstehen. Allenfalls eröffnet die EU-Verordnung neue Wege zur Erschließung der Formel.
Die Organisation openSCHUFA rekrutierte mehr als 20.000 Freiwillige mit der Aufgabe, die gespeicherten Daten bei der Schufa anzufordern. Daraufhin sollen diese Daten anonymisiert an die openSCHUFA weitergeleitet werden. Dort sollen sie, in dem Versuch die Formel erschließen zu können, ausgewertet werden.
Die Schufa selbst bezeichnet diese Kampagne als irreführend. Sie öffne Wege für Betrüger und Kriminelle. Des Weiteren könne die Preisgabe von sensiblen Daten natürlich auch zu enormem Missbrauch führen.
Eine Frage für die Gerichte
Die Frage nach der Zulässigkeit der Geschäftsgebaren der Auskunfteien unter der DSGVO bleibt derzeit noch unbeantwortet. Es ist zu erwarten, dass dies in den nächsten Jahren die deutschen Gerichte beschäftigen wird. Denn seit dem Wirksamwerden der DSGVO am 25.05.2018 gibt es für viele Unternehmen in vielen Bereichen Anpassungsbedarf und Unsicherheit.
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