OLG Köln als Retter der Fotografie?

Ist eine Einwilligung von jeder auf einem Bild abgelichteten, erkennbaren Person erforderlich, wenn dieses veröffentlicht werden soll? Wie kann dieses Erfordernis praktisch umgesetzt werden?

Das Wirksamwerden der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Ende Mai 2018 sorgte in den letzten Monaten auch unter Fotografen für große Unsicherheiten.

Nunmehr liegt eine erste oberlandesgerichtliche Entscheidung vor, die Stellung zu dem Verhältnis zwischen der DSGVO und dem nationalen Kunsturhebergesetz (KUG) bezieht. Nach dem Beschluss des OLG Köln (Beschl. v. 18.06.2018, Az. 15 W 27/18) findet das KUG auch nach dem Wirksamwerden der DSGVO weiterhin vorrangig Anwendung.

Hintergrund

Konkret drehte sich der Beschluss um eine Entscheidung des Landgerichts Köln (Beschl. v. 22.05.2018, 28 O 167/18), gegen die der Antragsteller sofortige Beschwerde erhob. Gegenstand der ursprünglichen Klage beim Landgericht war ein Videoausschnitt aus einer Fernsehsendung, auf welcher der Antragsteller scheinbar zu erkennen gewesen war. Doch sowohl das Landgericht, als auch das Oberlandesgericht wiesen die Klage und die darauf folgende Beschwerde zurück.

Rechtlicher Hintergrund

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts bezieht sich vor allem auf Art. 13 und 14 DSGVO. Die Normen statuieren umfassende Informationspflichten des Verantwortlichen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Der Betroffene muss über die entscheidenden Aspekte der Datenverarbeitung informiert werden. Je nachdem, ob die personenbezogenen Daten beim Betroffenen selbst oder auf andere Weise erhoben worden sind, statuiert das Gesetz unterschiedliche Zeitpunkte für die Informationspflicht.

Das Fotografieren unter der DSGVO

Das Fotografieren einer natürlichen Person, die Speicherung und auch die Veröffentlichung dieses Bildes stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der DSGVO dar. Bilder oder Videoaufnahmen sind regelmäßig personenbezogene Daten, wenn die Bildaufnahmen die Identifikation der betroffenen Person ermöglichen. Der Verarbeitungsbegriff der DSGVO ist sehr umfassend und erfasst sämtlichen Umgang mit Daten, ausgehend insbesondere von der Erhebung, Speicherung, Bearbeitung, Weitergabe bis hin zur Löschung (Art. 4 Nr. 2 DSGVO). Wenn eine Person fotografiert wird, entsteht eine Informationspflicht gegenüber dieser Person, unabhängig davon, ob die Ablichtung mit oder ohne ihr Wissen geschieht. Um Datenschutzkonformität zu wahren, bedarf die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zwingend einer gesetzlichen Grundlage. Erlaubnistatbestände für die Datenverarbeitung können neben der Einwilligung des Betroffenen (Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO) auch die Rechtfertigungsgründe nach Art. 6 Abs. 1 lit. b-f) DSGVO sein.

Unterschied zur Fotografie unter der KUG

Demgegenüber sieht das KUG bezüglich des Verarbeitungsvorgangs “ Veröffentlichung von Bildern“ anders lautende Regelungen vor. §23 KUG regelt, dass etwa Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte, Bilder von Versammlungen oder Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk zu etwas anderem erkennbar sind, ohne eine Einwilligung der gezeigten Personen veröffentlicht werden dürfen.

Umstritten war im Zusammenhang mit dem Wirksamwerden der DSGVO, ob das KUG als lex specialis gegenüber der DSGVO anzusehen ist und dieser damit vorgeht – so wie bei der Vorgängerregelung der Datenschutzrichtlinie angenommen wurde -, oder ob die DSGVO als unmittelbar in den Mitgliedstaaten geltendes Unionsrecht dem nationalen Recht übergeordnet ist.

Begründung des OLG Köln

Das OLG Köln ging von der vorrangigen Anwendbarkeit des KUG gegenüber der DSGVO aus:

Als Einstieg in die Argumentation diente die Öffnungsklausel des Art. 85 DSGVO. Dieser erlaubt dem nationalen Gesetzgeber, eigene Regelungen zu treffen, mit denen das Recht auf den Schutz der personenbezogenen Daten mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, u.a. einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken in Einklang gebracht wird. Die Öffnungsklausel erfasst auch entsprechende bereits bestehende Regelungen.

Da insbesondere Art. 85 Abs. 2 DSGVO im Kern keine materiell-rechtlichen Vorgaben macht, stellte das Oberlandesgericht auf die Erforderlichkeit zur Herbeiführung der praktischen Konkordanz zwischen Datenschutz einerseits und Äußerungs- und Kommunikationsfreiheit andererseits ab. Datenschutz sei als „Vorfeldschutz“ zu sehen, welcher sinngemäß die journalistische Arbeit immer beeinträchtige. In Folge dessen entschied das OLG Köln, es dürften keine strengen Maßstäbe für das Fortgelten bereits bestehender Normen auferlegt werden. Schließlich verfolge der Art. 85 DSGVO den besonderen Zweck, einen Verstoß der DSGVO gegen die Meinungs- und Medienfreiheit zu vermeiden.

Bezüglich des durch den Antragsteller eingereichten Videomaterials merkte das Oberlandesgericht – wie auch schon zuvor das Landgericht –  an, die betroffene Fernsehsendung sei nicht in ihrer Gesamtheit eingereicht worden. Die Fragmente würden die Aussagen des Antragstellers nur zum Teil belegen. Somit sei eine umfassende und verlässliche Prüfung der behaupteten Verletzungen durch die Beklagte nicht möglich gewesen.

Bedeutung für die Fotografie

Es ist zu beachten, dass § 23 KUG nur die Veröffentlichung von Bildern regelt, jedoch keine Rechtsgrundlage zur Erhebung von Daten darstellt. Zur Rechtfertigung der Anfertigung eines Bildes einer natürlichen Person sind auch weiterhin die Erlaubnistatbestände der DSGVO heranzuziehen. Die Entscheidung des OLG verringert Rechtsunsicherheiten bei der Bildberichterstattung deshalb nur minimal.

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