Urheberrechtsreform und der umstrittene „Uploadfilter“ – Fachanwältin Linda Thiel nimmt Stellung

Linda Thiel hat als Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz in einem Interview mit der shopware AG am 03.04.2019 Stellung genommen zu der neuen Urheberrechtsreform, der das Europaparlament am 26.03.2019 zugestimmt hat. Im Interview erklärt Linda Thiel die wichtigsten Details zu Artikel 13, Upload-Filter & Co. und deren Auswirkungen auf Betreiber von Onlineshops und Marktplätzen.

Hintergrund der Reform

Die Reform verfolgt das Ziel, das Urheberrecht der Europäischen Union an die Erfordernisse der digitalen Gesellschaft anzupassen. Die Vorlage des Entwurfs und die ganze Reformbestrebung galt und gilt nach wie vor als umstritten. Zustimmung erhielt dieser von Verbänden der Kreativwirtschaft, Künstler- und Journalistenverbänden, Verlagen und Verwertungsgesellschaften, während er auf Ablehnung seitens Bürgerrechtsorganisationen, netzpolitischer Vereinigungen sowie der Branchenverbände der Informations- und Telekommunikationsbranche stieß.

Es gab einige Demonstrationen im Vorfeld der Reform, die sich insbesondere gegen den sog. „Uploadfilter“ richteten. Die Fragen der shopware AG bezogen sich auch insbesondere auf diese Problematik. Auch wollte die shopware AG wissen, ob die Reform für Shopbetreiber Konsequenzen hat.

Nachfolgend finden Sie ein paar Ausschnitte mit Kernaussagen des Interviews, welches Sie hier im Ganzen nachlesen können:

Befürchtung: Zensur des Internets! Wird es eine solche geben?

Die shopware AG wollte zunächst wissen, ob die vielen Demonstranten zurecht gegen eine mögliche Zensur des Internets demonstrieren. Dazu hat Frau Thiel eine klare Antwort:

„Meiner Ansicht nach Ja, denn es ist wichtig, mögliche Gefahren für die Freiheit des Internets zu erkennen und dafür zu sensibilisieren.“

Kernproblem: Uploadfilter (?)

Besonderes Augenmerk galt im Interview dem sog. „Uploadfilter“, den viele Kritiker der Reform als Konsequenz fürchten. Er wird wörtlich nicht in der Gesetzesfassung genannt, erscheint jedoch als notwendig zur Erfüllung der Pflichten für Plattformbetreiber. Dazu wurde vielfach kritisiert, dass Algorithmen nicht zwischen tatsächlichen Urheberrechtsverletzungen und der vollkommen legalen Weiterverwendung von Inhalten für Zwecke wie Parodie unterscheiden können.

Auch Frau Thiel sieht die Norm als Knackpunkt an und führt auf Nachfrage der shopware aus:

„Soweit es um die Haftung von Online-Plattformen und die diesbezügliche Diskussion um eine mögliche Zensur des Internets geht, ist Artikel 13 (jetzt Artikel 17) in der Tat der Knackpunkt. Artikel 13 (jetzt Artikel 17) führt erstmalig eine Haftung für sog. Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten und damit Internet-Plattformen wie „YouTube“, „Facebook“ oder Fotodatenbanken für von Nutzern hochgeladene urheberrechtsverletzende Inhalte, wie Bilder, Texte oder Videos ein. Bislang hafteten derartige Internet-Plattformen lediglich als sog. Störer, wenn sie nach Kenntnisnahme von Rechtsverletzungen, die rechtwidrigen Inhalte nicht entfernten und ein erneute Verletzung nicht verhinderten. Internet-Plattformen wie „YouTube“ sollen jetzt bereits für das Hochladen von auf ihrer Plattform z.B. hochgeladenen urheberrechtsverletzende Videos verantwortlich sein.“

Konsequenzen für den eCommerce?

Für die shopware AG, die auch Betreiberin eines eigenen Online-Shops ist, war von großer Bedeutung, ob die Reform Konsequenzen für Shop-Betreiber oder den eCommerce haben kann. Doch dort konnte Frau Thiel beruhigen:

Auf Shopbetreiber und den eCommerce hat dies im Allgemeinen keinen Einfluss, weil diese nicht unter die Definition des Diensteanbieters von Online-Inhalten fallen. Darunter fallen nur Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft, bei denen der Hauptzweck bzw. einer der Hauptzwecke darin besteht, eine große Menge an von seinen Nutzern hochgeladenen, urheberrechtlich geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen zu speichern und der Öffentlichkeit hierzu Zugang zu verschaffen.

Gleichwohl sei aber zu beachten, dass Shopbetreiber bzw. Online-Händler außerhalb der diskutierten Neuregelungen natürlich bei Urheberechtsverletzungen, Verletzung andere Schutzrechte, wie z.B. Markenrechten oder Verstößen gegen das UWG bereits nach den bestehenden Vorschriften haften (mehr dazu im Interview).

Überwiegen am Ende die Vor- oder die Nachteile?

Neben den konkreten Konsequenzen durch die Reform stellt sich vielfach auch die Frage, ob die Reform mehr Vor- oder doch mehr Nachteile mit sich bringt. Bei dieser Frage, die auch die shopware AG gestellt hat, führt Frau Thiel unter Hinweis auf die schwierig zu beurteilende Lage im Interview aus:

„Diese Frage ist derzeit schwer zu beantworten. Die Urheberrechtsreform bringt in der Tat Nachteile mit sich, wie z.B. den möglichen Einsatz von „Upload-Filtern“, aber auch Vorteile wie eine Haftung der Internet-Plattformen für urheberrechtswidrige Inhalte und eine mögliche Teilhabe der Rechteinhaber am Gewinn großer Internet-Plattformen durch eine angemessene Vergütung. Die Urheberrechtsreform ist sicherlich kein Meisterwerk, bringt aber das Urheberrecht und die digitale Welt endlich näher zueinander. Ein Fortschritt ist sie daher allemal. Es bleibt abzuwarten, ob im Rahmen der nationalen Umsetzung doch noch eine Lösung gefunden wird, wie die Richtlinie zwar EU-konform umgesetzt werden kann, aber der Einsatz von „Upload-Filtern“ durch die Internet-Plattformen vermieden wird. Dann würden am Ende vielleicht tatsächlich die Vorteile überwiegen.“

Damit zeigt sich, dass die Folgen der Reform derzeit noch nicht absehbar sind. Wir werden die Entwicklung gespannt verfolgen. In der Gesamtfassung des Interviews werden auch noch konkretere Fragen zum Thema Upload-Filter, Ausnahmeregelungen der Reform und Nachteile für Konsumenten beantwortet. Ein Nachlesen lohnt sich!

Haben Sie Fragen zur Urheberrechtsreform?

Fragen Sie sich, ob Sie betroffen sind und was zu veranlassen ist? Sowohl als Urheber als auch als Dienstanbieter einer Plattform können Sie sich gerne an unser Team wenden.

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