EuGH: Keine Kopien frei zugänglicher Fotos

Einschlägige Normen: § 19a URhG, § 72 UrhG, Art. 3 & Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG

Das Einstellen einer Fotografie auf der eigenen Website bedarf der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers, auch wenn diese Fotografie auf einer anderen Website frei zugänglich ist. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 07.08.2018 entschieden (Az. C-161/17).

Der Hintergrund

Der Kläger, ein Berufsfotograf, hatte ein von ihm gefertigtes Bild der Stadt Córdoba auf der Schulwebsite einer Gesamtschule aus Nordrhein-Westfalen gefunden. Das Foto war mit seiner Zustimmung, aber ohne Hinweis auf den Urheber, auf der Website eines Reisemagazins veröffentlicht worden. Dort hatte eine Schülerin es gefunden und für eine Präsentation kopiert, die später auf der Website der Schule hochgeladen wurde. Der Fotograf sah hierin seine Urheberrechte gem. § 72 Abs. 2 UrhG verletzt, denn er habe schließlich nur dem Reisemagazin ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt. Er erhob deshalb Klage vor dem Landgericht Hamburg gegen das Land NRW als Anstellungskörperschaft der involvierten Schule auf Unterlassung und eine Schadensersatzzahlung von 400€.

In erster Instanz gab das Landgericht Hamburg dem Kläger Recht. Das Urteil lautete auf Unterlassung und 300€ Schadensersatz zu seinen Gunsten. Nachdem beide Seiten Berufung eingelegt hatten, folgte auch das OLG Hamburg weitestgehend dem Antrag des Klägers. Schließlich endete der Fall vor dem BGH. Auch hier sah man eine Urheberrechtsverletzung. Entscheidend war aber, ob es sich um ein ‚öffentliches Zugänglichmachen‘ und damit um eine ‚öffentliche Wiedergabe‘ nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG, § 19a UrhG handelt, wenn das Werk an anderer Stelle ohne Beschränkungen und mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurde. Da es hier um die Auslegung einer europäischen Richtlinie geht, wurde mit Beschluss vom 23.02.2017 den EuGH zur Klärung angerufen (Az.: I ZR 267/15).

Warum ist das wichtig?

Zuletzt hatte der EuGH 2015 in einem Urteil entschieden, dass das sog. ‚Framing‘ oder ‚Embedding‘ regelmäßig nicht zu einer Urheberrechtsverletzung führt. Beim Framing wird ein Werk auf der eigenen Website angezeigt, ohne auf dem eigenen Server gespeichert zu sein. Es wird über die Drittwebsite eingebettet, von der es ursprünglich stammt. Der EuGH hatte seine Entscheidung damit begründet, dass beim Framing kein neues Publikum angesprochen wird. Soweit das Werk auf seiner Ursprungswebsite frei zugänglich war, muss davon ausgegangen werden, dass der Urheberrechtsinhaber alle Internetnutzer als potentielles Publikum bedacht hatte. Zudem hat der Urheberrechtsinhaber jederzeit die Möglichkeit, sein Werk von der Ursprungswebsite zu entfernen, wodurch das Werk auch von allen weiteren Websites nicht mehr aufrufbar ist.

Die Beurteilung des EuGH

Der zuständige Generalanwalt des EuGH sah in der Veröffentlichung keine Rechtsverletzung. Im Veröffentlichen des Bildes im Rahmen der Präsentation auf einer Schulwebsite könne kein öffentliches Zugänglichmachen nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG, § 19a UrhG verwirklicht sein. Außerdem habe die Schülerin auf die Internetseite des Reisemagazins als Quelle verwiesen, wo das Foto ohne Verweis auf Nutzungsbeschränkungen zu sehen war. Er war der Ansicht, die in Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG geregelten Ausnahmen seien hier einschlägig, da im vorliegenden Fall die berechtigten Interessen des Fotografen nicht erheblich verletzt würden. Ein Anspruch des Fotografen bestehe daher nicht.

Die Richter des EuGH sahen dies jedoch anders. Grundsätzlich sieht der EuGH eine öffentliche Wiedergabe als dann gegeben, wenn zum einen eine Wiedergabehandlung vorliegt und zum anderen die Öffentlichkeit der Wiedergabe gegeben ist. Diese Öffentlichkeit besteht, wenn zur Wiedergabe ein neues technisches Verfahren genutzt wird, welches sich vom bisherigen unterscheidet oder wenn es einem ‚neuen Publikum‘ zugänglich gemacht wird, an das der Urheberrechtsinhaber bei der ursprünglichen Nutzungserlaubnis nicht gedacht hatte.

Im vorliegenden Fall entschieden die Richter, dass es als Wiedergabehandlung und somit als Zugänglichmachung iSv Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG ausreicht, dass das Foto von der öffentlichen Website auf den privaten Computer der Schülerin gespeichert und danach auf der öffentlichen Schulwebsite hochgeladen wurde. Wer Werke im Internet veröffentlicht, behält nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH das Urheberrecht und die Herrschaft über seine Verbreitung. Eine Vervielfältigung bedarf deshalb der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers.

Weiterhin muss davon ausgegangen werden, dass das Foto einem neuen Publikum zugänglich gemacht wurde. Das Publikum, an das der Fotograf als Urheberrechtsinhaber gedacht hatte, bestand aus den Besuchern der Website, der er ein Nutzungsrecht eingeräumt hatte. Hier passte laut EuGH auch der Einwand nicht, dass durch das freie Zugänglichmachen auf der Website die gleichen Voraussetzungen wie beim Framing bestünden. Durch das Hochladen einer Kopie auf der Schulwebsite war es möglich, darüber auf das Werk zuzugreifen, ohne die Ursprungswebsite aufrufen zu müssen. Dadurch entstand ein neues Publikum.

Bei den vom Generalanwalt angesprochenen Ausnahmen des Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG wiesen die Richter des EuGH darauf hin, dass dieser den einzelnen Mitgliedsstaaten die Möglichkeit gibt, in Sonderfällen, wie hier bei schulischen Belangen, Ausnahmeregelungen zu treffen. Da dies in Deutschland nicht geschehen ist, kann sich auch nun nicht darauf berufen werden.

Schlussendlich ist auch die fehlende Nutzungsbeschränkung hier irrelevant. Das Recht in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG ist nicht von förmlichen Voraussetzungen abhängig.

Fazit

Das Verlinken und Einbetten von urheberrechtlich geschützten Werken im Internet ist weiterhin zulässig, weil es dem Ziel eines funktionierenden, freien Internets dient und es dem Urheberrechtsinhaber weiterhin die Möglichkeit gibt, das von ihm angesprochene Publikum zu kontrollieren. Mit dem Anfertigen und Hochladen einer Kopie des Werkes wird dieses Urheberrecht jedoch verletzt. Der Urheber behält das Urheberrecht und die Herrschaft über seine Verbreitung. Wer also ein urheberrechtlich geschütztes Foto nutzen oder eine Kopie erstellen will, sollte vorher die Zustimmung des Urheberrechtsinhabers einholen.

 

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