EuG: Kein Markenschutz für Mafia-Marke!

Die Öffentliche Ordnung als eine Gesamtheit der ungeschriebenen Ordnungsvorstellungen, deren Befolgung nach der herrschenden sozialen und ethischen Anschauung als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens anzusehen ist, ist ein hohes gesellschaftliches Gut. Dass dieses Gut eine große Bedeutung hat und ein Verstoß gegen diese nicht toleriert wird, zeigte sich jetzt in einem Urteil vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG). Weil eine spanische Gesellschaft unter dem Namen „La Mafia SE SIENTA A LA MESA“ – zu deutsch: „Die Mafia setzt sich zu Tisch“ – eine Restaurantkette betreibt und sich diese Bezeichnung auch als Marke hat schützen lassen, hatte der EuG nun zu entscheiden, ob dieser Markenname gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstößt. Anstoß dazu gegeben hatte die Italienische Republik, die keinen Gefallen an der Marke und damit der Bezeichnung der Restaurantkette gefunden hatte. Das Urteil ist nun gefallen (Urteil vom 15.03.2018 (Az. T-1/17)). Dieses zeigt sehr deutlich, dass die öffentliche Ordnung zu achten ist.

Hintergründe

Die spanische Marke „La Mafia SE SIENTA A LA MESA“ wurde am 30. November 2006 durch die La Honorable Hermandad SL (SL steht für eine spanische GmbH), deren Rechtsnachfolgerin die La Mafia Franchise SL (nachfolgend: Klägerin) ist, beim Amt der Europäischen Union (EUIPO) angemeldet und am 20. Dezember 2007 unter der Nr. 005510921 eingetragen.

Am 23. Juli 2015 stellte die Italienische Republik einen Antrag auf Nichtigerklärung beim EUIPO, welcher auf den Grund in Art. 7 Absatz 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Absatz 1 Buchst. f der Verordnung 2017/0001), mithin den Grund des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten, gestützt wurde. Die Italienische Republik machte im Wesentlichen geltend, dass die angegriffene Marke gegen die öffentliche Ordnung und gegen die guten Sitten verstoße, weil sich das Wortelement „Mafia“ auf eine kriminelle Organisation beziehe und weil die Benutzung der Marke, die im Hinblick auf die Bezeichnung der Restaurantkette der Klägerin stattfinde, nicht nur ausgesprochen negative Gefühle hervorrufe, sondern auch dazu führe, das positive Erscheinungsbild der italienischen Gastronomie zu „verfälschen“ und die negative Bedeutung dieses Elements zu verharmlosen.

Dem Antrag wurde nach Prüfung durch die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO gefolgt, woraufhin die Klägerin Beschwerde einlegte. Mit dieser Beschwerde befasste sich sodann die Erste Beschwerdekammer des EUIPO und bestätigte, dass die angegriffene Marke gegen die öffentliche Ordnung verstoße. Das EUIPO wies die Beschwerde daher zurück. Im weiteren Verlauf lag der Fall nun dem Gericht der Europäischen Union vor.

Die Entscheidung

Trotz Bezugs zum Film „Der Pate“ liegt ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vor, entschied das EuG nun mit Urteil vom 15.03.2018 (Az. T-1/17). In der Entscheidung des EuG wurde Bezug genommen auf die zu Beginn des Verfahrens durch die Klägerin erklärte Auffassung, dass die Marke vom EUIPO nicht als Ganzes geprüft wurde, sondern man sich nur auf den Bestandteil „La Mafia“ konzentriert habe. Nach Ansicht der Klägerin reicht es für die Annahme des EUIPO, ein Durchschnittsverbraucher verstehe die Marke als Förderung oder Unterstützung krimineller Organisationen, nicht aus, dass die Marke auf das Wortelement „Mafia“ verweist. Die übrigen Elemente der Marke implizierten vielmehr, dass sie als eine Art Parodie oder Bezugnahme auf die Filme der Saga „Der Pate“ aufgefasst werde (vgl. Rn. 20 der Entscheidung).

Die Beschwerdekammer hatte diese mit der Beschwerde der Klägerin dargelegte Auffassung in seiner Entscheidung (27. Oktober 2016) aufgegriffen und bewertet. In der Entscheidung des EuG wird dies wie folgt erwähnt: „[…] stellte die Beschwerdekammer […] fest, dass das Wortelement „La Mafia“ angesichts seiner Größe und seiner Positionierung in der angegriffenen Marke diese Marke dominiere. Die Mafia sei eine kriminelle Organisation, die von der italienischen Regierung mit Hilfe spezieller Rechtsvorschriften und Anwendungsmaßnahmen bekämpft werde. Darüber hinaus sei die Bekämpfung der organisierten Kriminalität auch eines der wichtigsten Ziele der Einrichtungen der Europäischen Union. In Sachen, in denen gegen die Grundsätze und die Grundwerte der europäischen Gesellschaft verstoßen werde, sei das EUIPO zur Aufrechterhaltung eines strikten Standpunkts verpflichtet, so dass es die Eintragung jeder Unionsmarke wegen eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung zu verweigern habe, wenn sie den Gedanken auslösen könne, dass sie der Unterstützung einer kriminellen Organisation diene oder ihr nutze. Am Ende dieser Prüfung stellte die Beschwerdekammer zum einen fest, dass die angegriffene Marke die unter dem Namen Mafia bekannte kriminelle Organisation offenkundig fördere, und zum anderen, dass die Wortelemente der angegriffenen Marke insgesamt eine Botschaft von Geselligkeit zum Ausdruck brächten und das Wortelement „Mafia“ verharmlosten, womit sie dem von diesem Element vermittelten Ernst nicht gerecht würden.“ (Rn. 11 der Entscheidung).

Das EuG stellte dann zunächst fest, dass die Beschwerdekammer rechtsfehlerfrei entschieden hat, dass das Wortelement „La Mafia“ dominiert und dem restlichen Teil „SE SIENTA A LA MESA“ eine nachrangige Bedeutung zukommt (Rn. 32-33 der Entscheidung). Zudem habe die Beschwerdekammer „zu Recht angenommen, dass das Wortelement „La Mafia“ der angegriffenen Marke die angesprochenen Verkehrskreise offenkundig an den Namen einer kriminellen Organisation denken lässt, die für besonders schwerwiegende Verstöße gegen die öffentliche Ordnung verantwortlich ist“ (Rn. 38 der Entscheidung).

Das Argument der Klägerin, die Marke beziehe sich auf die Saga „Der Pate“, insbesondere weil die durch die Anmeldung der Marke beanspruchten Waren- und Dienstleistungen nicht dazu bestimmt seien, eine andere Botschaft zu übermitteln, ist vor dem EuG komplett abgeschmettert. Es führt in seiner Entscheidung klar aus: „Insoweit ist zunächst zu betonen, dass ein Zeichen, das besonders anstößig oder beleidigend ist, als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten anzusehen ist, unabhängig davon, für welche Waren und Dienstleistungen es angemeldet worden ist (Rn. 40). [….] Somit hat zum einen der Umstand, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke nicht darauf abgezielt habe, Anstoß zu erregen oder zu beleidigen, sondern nur darauf, die Kino-Saga „Der Pate“ in Erinnerung zu rufen, keinen Einfluss auf die negative Wahrnehmung dieser Marke durch die einschlägigen Verkehrskreise. Im Übrigen ruft kein Element der angegriffenen Marke diese Saga unmittelbar in Erinnerung (Rn. 41). […] Die Mafia mit Vorstellungen von Geselligkeit und Entspannung zu verknüpfen, die vom Teilen einer Mahlzeit vermittelt werden, trägt somit zur Verharmlosung der rechtswidrigen Tätigkeiten dieser kriminellen Organisation bei.“ (Rn. 45)

Im Ergebnis hat das EuG festgestellt, dass die Verknüpfung des Wortelements „La Mafia“ mit den übrigen Elementen der angegriffenen Marke geeignet ist, ein insgesamt positives Bild der Tätigkeiten der Mafia zu vermitteln und auf diese Weise die kriminellen Tätigkeiten dieser Organisation zu verharmlosen.

Das EuG hat die Klage daher als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin hat nun noch die Möglichkeit, das Urteil binnen zwei Monaten beim EuGH anzufechten (Art. 263 Abs. 6 AEUV).

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