Ist es möglich, dass ein Gesetz, welches erst zum 25.05.2018 in Kraft tritt, schon jetzt für öffentliche Stellen anwendbar ist? Ja, sagen für die DSGVO das Finanzgericht Düsseldorf (FG Düsseldorf) und das Verwaltungsgericht Wiesbaden (VG Wiesbaden), jedenfalls auf den ersten Blick.
Diese Entscheidung sorgt für großes Aufsehen unter Datenschutzrechtlern. Die sofortige Anwendbarkeit der DSGVO würde zu mehreren Folgefragen führen, wie etwa nach dem Verhältnis der bisherigen Datenschutz-RL (95/46/EG) zur DSGVO oder den Sanktionsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden bei Verletzungen der DSGVO schon vor dem Mai 2018. Es ist also unerlässlich zu klären, ob die Anwendbarkeit der DSGVO tatsächlich schon vor dem 25.5.2018 beginnt oder es sich um ein Missverständnis in der Interpretation der Gerichtsentscheidungen handelt. Im Beitrag „Unmittelbare Anwendbarkeit der DSGVO vor dem 25.05.2018?“ von Sascha Kremer und Malte Dümeland für juris PR-ITR 25/2017 wird die Problemstellung näher beleuchtet. Hier fassen wir die Ergebnisse für sie zusammen.
Der Rechtsstreit
Das Verfahren vor dem FG Düsseldorf dreht sich um den Nachweis der zollrechtlichen Zuverlässigkeit nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b und c der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 (UZK-DVO). Welche Daten hierfür erhoben werden dürfen, hängt davon ab, wie Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b und c der UZK-DVO als originär europarechtliche Norm auszulegen ist. Das FG Düsseldorf ging dabei davon aus, dass Art. 6 DSGVO nicht zu einer Erlaubnis für die Verarbeitung der hier relevanten Daten führt.
Dies würde aber voraussetzen, dass die DSGVO schon heute anwendbar wäre. Für die Frage nach der Anwendbarkeit ist zunächst auf Art. 99 DSGVO zu schauen. Die Regelung zeigt eine bewusste Zweiteilung in In-Kraft-Treten (Abs. 1) und Gültigkeit (Abs. 2). Durch diese zeitliche Trennung soll staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen die Möglichkeit gegeben werden, bereits begonnene Verarbeitungen im Sinne der DSGVO anzupassen. Dies ergibt sich aus Erwägungsgrund 171 und dem Gesetzgebungsverfahren. Eine sofortige Anwendung der DSGVO würde also den Willen des Gesetzgebers und Art. 99 DSGVO unterlaufen. Daran ändert auch eine vom FG Düsseldorf zitierte Entscheidung des EuGH (Urt. v. 18.12.1997 – C-129/96) nichts; dort geht es um Richtlinien, die im Zeitpunkt der Verkündung wirksam werden, was hier gerade nicht der Fall ist.
Bewertung
Das FG Düsseldorf hat die Frage nach der Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten für die Bewertung der zollrechtlichen Zulässigkeit dem EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren zur Entscheidung vorgelegt.
Dies erklärt, warum das FG Düsseldorf schon heute auf die DSGVO abstellt: Die Prozessaussetzung wegen einer Vorlagefrage Dauer erfahrungsgemäß mindestens ein Jahr, sodass bei der Entscheidung des EuGH die DSGVO bereits in Kraft und anwendbar sein wird.
Es ging also nicht darum, die DSGVO schon heute anzuwenden, sondern darum, die Vorlagefrage auf die im Zeitpunkt der Entscheidung des EuGH relevante Rechtslage abzustellen, da die DSGVO heute zwar schon in Kraft, aber eben noch nicht anzuwenden ist.
Fazit
Die DSGVO ist ab dem 25.5.2018 anwendbar, so wie es in Art. 99 Abs. 2 DSGVO ausdrücklich geregelt ist. Dies gilt für öffentliche und nicht-öffentliche Stellen gleichermaßen.
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