OVG Münster: Update in Sachen Fahrerbewertungsportal

Mit Urteil vom 19.10.2017 (Az. 16 A 770/17 – noch nicht im Volltext veröffentlicht) bestätigte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster die Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Köln vom 16.02.2017 (Az. 13 K 6093/15) (wir berichteten) und ordnete ein Internetportal zum Zwecke der Fahrerbewertung ebenfalls als datenschutzrechtlich unzulässig ein.

Hintergrund des Urteils

Die Klägerin betreibt ein Internetportal zur Fahrerbewertung, das unter Angabe des KFZ-Kennzeichens ermöglicht, Bewertungen nach einem Ampelsystem vorzunehmen. Darüber hinaus konnten auch weitere Eigenschaften wie z.B. der Ort oder der Fahrzeugtyp ebenfalls mit in die Bewertung aufgenommen werden. Auf Grundlage dieser Bewertungen wurde sodann eine Schulnote für das Verhalten im Straßenverkehr vergeben. Ebenso waren allgemeine Statistiken zu Hersteller, Fahrstil und KFZ-Typ innerhalb des Bewertungsportals einsehbar. Durch Eingabe eines KFZ-Kennzeichens konnte dann die Bewertung ohne weitere Abfragen oder Kontrollen abgerufen werden. Die Portalbetreiberin machte deutlich, dass das Ziel des Portals die Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr durch Kenntnis des eigenen Fahrverhaltens sei.

Nachdem die Aufsichtsbehörde (Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW) die Betreiberin des Portals auf datenschutzrechtliche Bedenken hingewiesen hatte und sie zur Vornahme von bestimmten Änderungen (wie z.B. einer Registrierungspflicht der Nutzer, Sichtbarkeit der Bewertungen nur für betroffene Personen) aufgefordert hatte, klagte die Betreiberin gegen die Anordnung.

Entscheidung des VG Köln

Das VG Köln sah in der Ausgestaltung des Portals einen Verstoß gegen das Datenschutzrecht und forderte die Klägerin zur datenschutzkonformen Ausgestaltung aus. Im Wesentlichen folgte die datenschutzrechtliche Unzulässigkeit nach Auffassung des VG Köln aus folgenden Gründen:

KFZ-Kennzeichen als personenbezogenes Datum

Das VG Köln stellte fest, dass das KFZ-Kennzeichen ein personenbezogenes Datum nach § 3 Abs. 1 BDSG (Art. 4 Nr. 1 DSGVO) darstellt. Der bestimmbare Personenbezug ergebe sich schon aus der jedermann offenstehenden Möglichkeit, ohne große Schwierigkeiten mittels Halterregisterauskünften die hinter dem KFZ-Kennzeichen stehenden Personen zu ermitteln.

Gerade Personen aus dem näheren Umfeld der bewerteten Personen (Versicherer, Arbeitgeber, Angehörige) sei es leicht möglich, den Personenbezug herzustellen.

Portal mit Prangerwirkung

Das Selbstbestimmungsrecht der bewerteten Personen (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG) achtend erfolgte seitens des VG Köln eine Abwägung zwischen diesem und dem Recht der Portalbetreiberin auf ihre Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und ihre Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG). Gerade die Ausgestaltung des Portals ergab die Notwendigkeit, die Interessen der bewerteten Personen als gewichtiger zu beurteilen.

Das Bewertungsportal der Klägerin ermöglichte jedermann die Bewertung über Teilnehmer am Straßenverkehr. Dabei wurden die Bewertungen vor ihrer Veröffentlichung nicht verifiziert. Auch war es den Nutzern möglich, beliebig oft und beliebig viele Bewertungen abzugeben. Diese Bewertungen waren der Öffentlichkeit zugänglich, was für die bewerteten Personen einer „Prangerwirkung“ gleichkam.

Mangels individueller Vorteile für den Nutzer wurde ihr Interesse an der Kenntnis der Daten als gering angesehen.

Was wurde der Klägerin aufgegeben?

Der Klägerin wurde aufgegeben, ihr Bewertungsportal datenschutzkonform auszugestalten. Zum einen sah das VG Köln die Möglichkeit, den vorgegebenen Zweck der Klägerin auch dann zu erreichen, wenn die Bewertungen nur den bewerteten Personen und nicht der Öffentlichkeit zugänglich wären. Denn dann könnten die Personen ihr Fehlverhalten überdenken, ohne dabei gleich an den „Pranger“ gestellt zu werden.

Zudem sollte als Hürde für Falschbewertungen eine Registrierungspflicht für Nutzer dienen, um Zugriffsrechte auf das Bewertungsportal einzuschränken.

Die Klägerin legte gegen das ergangene Urteil Berufung beim OVG Münster ein.

Entscheidung des OVG Münster

Das OVG Münster führte ebenfalls aus, dass KFZ-Kennzeichen personenbezogene Daten seien. Im Rahmen einer Interessenabwägung zwischen den Interessen der Portalbetreiberin und den Nutzern des Portals und den Interessen der bewerteten Personen kam das OVG Münster zu dem Ergebnis, dass sich eine Unzulässigkeit „eine[r] vollständig anonym[n] Bewertung von in der Regel privat motiviertem Verhalten“ aus der Zugänglichkeit für eine breite Öffentlichkeit ergebe.

Die Selbstreflexion der Fahrer über ihr Fahrverhalten könne auch dann erreicht werden, wenn die Anordnungen des LDI NRW bzw. des VG Köln umgesetzt werden. Gewichtige Interessen der Portalbetreiberin bzw. der Portalnutzer an der ursprünglichen Ausgestaltung bestehen hingegen auch nach Auffassung des OVG Münster nicht.

Ausblick

Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Ob die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhebt, muss abgewartet werden.

 

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