Anfang 2015 hat das Bundeskartellamt (BKartA) dem Betreiber eines Factory Outlet Centers (FOC) untersagt, Wettbewerbsverbote in Form bestimmter Radiusklauseln zu verwenden. Die hiergegen eingelegte Beschwerde vor dem OLG Düsseldorf blieb erfolglos. Nunmehr hat der BGH entschieden und ein Rechtsmittel gegen den OLG-Beschluss abgewiesen (KVZ 53/15). Damit ist die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde bestandskräftig. Hier eine kurze Übersicht:
BKartA verbietet Wettbewerbsverbote
Die ursprüngliche Verfügung des BKartA beschäftigte sich mit den sogenannten Radiusklauseln, die ein FOC-Betreiber in einigen Mietverträgen über Geschäftsräume in seinem Outlet verwendet hatte. Diese untersagten es den Mietern, innerhalb eines Umkreises von 150 km ihre Waren in einem anderen Factory-Outlet zu vertreiben. Ein anderer Outlet-Anbieter befand sich 147 km von diesem Outlet entfernt bei Montabaur und erhielt deshalb öfter Absagen von potenziellen Geschäftspartnern – weil ihnen der Auftritt bei der Konkurrenz verboten war.
Das BKartA lehnte die Radiusklauseln nicht rundweg ab. Stattdessen stellte die Behörde fest, dass die Radiusklauseln gegen § 1 GWB verstoßen, soweit sie über 50 km hinaus gehen und länger als fünf Jahre das betroffene Unternehmen binden. Die hiergegen eingelegte Beschwerde verwarf der Kartellsenat des OLG Düsseldorf als unzulässig, der BGH stützte diesen Beschluss.
Bezweckte oder bewirkte Wettbewerbsbeschränkung? – Grenzen bei Radiusklauseln
Die mittlerweile bestandskräftige Entscheidung des BKartA zeigt sehr deutlich die Grenzen möglicher vertraglicher Wettbewerbsverbote. Kartellrechtlicher Anknüpfungspunkt ist § 1 GWB, der unter anderem Vereinbarungen verbietet, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken. Ob eine Beschränkung bezweckt ist, ergibt sich aus den Umständen einer Regelung – Maßgeblich sind bereits bei der Entscheidung des BKartA der Inhalt, die verfolgten Ziele und der wirtschaftlich-rechtliche Zusammenhang gewesen. Bei den gerügten Radiusklauseln wurde nach Ansicht der Behörde die wettbewerbliche Handlungsfreiheit der Mieter eingeschränkt, insbesondere der Wettbewerb mit anderen Markenherstellern.
Allerdings können bestimmte Fälle bereits auf tatbestandlicher Seite von einem Verbot der Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen sein, wenn objektive und verhältnismäßige Rechtfertigungsgründe bestehen. Das kommt zum Beispiel in Betracht, wenn die wettbewerbsbeschränkende Klausel funktionsnotwendig für einen kartellrechtlich unbedenklichen Hauptzweck ist. Anders formuliert: Wettbewerb kann durch die eigentlich wettbewerbsbeschränkende Klausel überhaupt erst ermöglicht werden. Dieser Fall ist nicht selten und häufig lässt sich für vermeintlich wettbewerbsbeschränkende Klauseln eine objektive und angemessene Begründung darlegen. Nicht so nach Ansicht der Wettbewerbsaufsicht in diesem Verfahren, denn sie sah in den praktizierten Radiusklauseln keine Möglichkeit, die Wirtschaftlichkeit des FOC sicher zu stellen.
Eine darüber hinausgehende Freistellung im Rahmen der Vertikal-GVO (VO 330/2010) kam aus zwei Gründen nicht in Betracht: erstens zählen Mietverträge nicht zu den vertikalen Vereinbarungen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 a) Vertikal-GVO; zweitens würde die Freistellung gemäß Art. 5 Abs. 1 a) Vertikal-GVO entfallen, da es sich um ein Wettbewerbsverbot mit einer Dauer über fünf Jahren handelte. Im Rahmen ihres Ermessens untersagte die Beschlusskammer des BKartA jedoch nicht die Verwendung von Radiusklauseln bis 50 km, da diese jedenfalls marktüblich seien und von einer Überzahl der Mieter als wirtschaftlich gerechtfertigt angesehen wurden.
Autor: Sebastian Telle