Die Gründe des Grundsatzurteils des BGH zur (Un-) Zulässigkeit der Allgemeinen Markenbeschwerde bei Google sind veröffentlicht (Urt. v. 12.03.2015 – I ZR 188/13, „Uhrenkauf im Internet“, Volltext PDF). Wie bereits die Vorinstanzen bestätigt der BGH im Ergebnis einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung der Zustimmung zur Nutzung des Kennzeichens „Rolex“ in einer AdWords-Anzeige (zu den Hintergründen des Verfahrens bereits unser Vorbericht: BGH mit Grundsatzurteil zur Allgemeinen Markenbeschwerde).
Aus den Urteilsgründen ergibt sich nun, dass es nicht die Praxis der Allgemeinen Markenbeschwerde bei Google AdWords (dazu ausführlich die Erläuterungen von Google) an sich ist, die der BGH für unzulässig erachtet. Insoweit fehle es zum einen an einer Behinderungsabsicht, da es sich bei der Allgemeinen Markenbeschwerde um legitime Rechtsdurchsetzung handle, die sich für die davon betroffenen Mitbewerber als wettbewerbsimmanente Handlungsbeschränkung und nicht als unlautere Behinderung der Entfaltungsmöglichkeiten darstelle. Zum anderen würden Mitbewerber allein aufgrund der Allgemeinen Markenbeschwerde nicht daran gehindert, ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung in angemessener Weise zur Geltung zu bringen, da sie ja um Zustimmung und Freigabe der AdWords-Anzeige bitten könnten. Dies sei im Hinblick darauf, dass eine allgemeine Überwachung des Internets außerhalb der Fähigkeiten der Markeninhaberin liege, auch keine unangemessene Hürde für die Klägerin.
Jedoch liegt nach dem BGH eine unlautere gezielte Behinderung einer Mitbewerberin im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG vor, wenn die Zustimmung zu einer AdWords-Anzeige nicht erteilt wird, obwohl die konkret beabsichtigte Werbung Markenrechte nicht verletzt. So sei es auch im konkreten Fall, da die geplante AdWords-Anzeige im Ergebnis auf Grund von Erschöpfung markenrechtlich zulässig sei. Soweit die Beklagte ihre Zustimmung zu einer zulässigen AdWords-Werbung verweigere und diese Werbung aufgrund der von der Beklagten zuvor eingelegten Allgemeinen Markenbeschwerde unterbleiben müsse, verhindere die Beklagte jedoch ein erlaubtes Wettbewerbsverhalten der Klägerin. Die Verweigerung der Zustimmung stelle sich dann als gezielte Behinderung durch aktives Tun dar. Die Verweigerung der Zustimmung trotz fehlender Rechtsverletzung sei bei objektiver Betrachtung unmittelbar auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Klägerin gerichtet und nicht mehr in erster Linie auf die Förderung eigenen Wettbewerbs.
Dabei stehe dem erheblichen Interesse der Klägerin an der Durchführung einer markenrechtlich zulässigen AdWords-Werbung auch kein anerkennenswertes Interesse der Beklagten an deren Unterbindung gegenüber. Insbesondere sei es der Beklagten zuzumuten, zu prüfen, ob sie einer konkreten Werbung zustimmen müsse. Dies sei die Kehrseite der Möglichkeit, das Markenbeschwerdeverfahren bei Google zu nutzen, um Markenrechte effektiv zu schützen. In einfachen Fällen werde die Beklagte die Zustimmung kurzfristig und ohne tiefer gehende Prüfung erteilen oder verweigern können. Werfe die begehrte Zustimmung komplexere markenrechtliche Fragen auf, so habe die Beklagte abzuwägen, ob sie den höheren Prüfungsaufwand tragen oder die fragliche Werbung zulassen möchte. In diesem Fall stelle sich die Lage nicht anders dar als bei jeder anderen Werbung, die im Hinblick auf ihre markenrechtliche Zulässigkeit schwierig zu beantwortende Fragen aufwirft. Der Markeninhaber müsse in diesem Fall entscheiden, ob er gegen diese Werbung trotz des damit verbundenen Risikos vorgehen will. Dieser Prüfung könne er sich durch die Erhebung einer Allgemeinen Markenbeschwerde und Verweigerung der Zustimmung oder bloße Untätigkeit nach einer Aufforderung hierzu nicht entziehen.
Autorin: Jennifer Hort-Boutouil