Wider die Zettelwirtschaft – Die voranschreitende Digitalisierung im öffentlichen Auftragswesen
Neben der schrittweisen Umstellung der Vergabeverfahren der öffentlichen Hand bis zum 18. Oktober 2018 auf eine rein digitale Abwicklung, soll nun zur Einsparung von Papier, Porto, Druck und den damit zusammenhängenden Kosten auch der postalische Versand von Rechnungen, die aus solchen Beschaffungsvorgängen erwachsen, bald unzulässig sein.
Eine neue Form der Rechnungsstellung
Unternehmen, die im öffentlichen Beschaffungswesen tätig sind, müssen sich damit künftig auf eine neue Form der Rechnungsstellung umstellen:
Maßgebliche Grundlage für diesen Schritt ist das E-Government. Es regelt den Einsatz von Informationstechnologien im öffentlichen Sektor zur Unterstützung von Behörden, zur Einbeziehung von Bürgern und zum Bürokratieabbau. Es soll die Effizienz, Effektivität und Transparenz von Beschaffungsabläufen steigern. Neben der elektronischen Kommunikation mit der Verwaltung ist das Versenden elektronischer Rechnungen maßgeblicher Regelungsgehalt des E-Governments. Auf Grundlage des im April 2017 neu eingefügten § 4a Abs.3 des E-Government-Gesetz, wird von der Bundesregierung nunmehr verordnet, dass alle Rechnungen, mit denen Lieferungen oder sonstige Leistungen nach Erfüllung eines öffentlichen Auftrags oder Konzessionen abgerechnet werden, elektronisch ausgestellt und übermittelt werden müssen.
Die Verordnung tritt am 27. November 2018 für Bundesministerien und Verfassungsorgane in Kraft. Für subzentrale öffentliche Auftraggeber, Konzessionsgeber und Sektorenauftraggeber tritt die Verordnung erst im folgenden Jahr, am 27.November 2019, in Kraft.
Die Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung gilt allerdings nicht ausnahmslos für alle öffentlichen Aufträge, sondern nur für Aufträge, die von Auftraggebern im Sinne von § 159 Abs.1 GWB vergeben werden. Damit sind in erster Linie Vorgänge der bundesunmittelbaren Beschaffung erfasst. Ferner werden all jene Fälle erfasst, in denen bundesfinanzierte und/oder -beherrschte Einrichtungen (§ 159 Abs. 1 Nr. 2–4 GWB) Beschaffungen durchführen.
Verordnungsrelevante Vorgänge sind damit also zum Beispiel Aufträge der Bundesministerien, der Bundesregierung, des Bundeskriminalamts, des statistischen Bundesamts, des Bundesgrenzschutzes oder des Sondervermögens des Bundes.
Beschaffungen, die als Direktauftrag bis zu einem Betrag von 1000,- Euro durchgeführt werden, müssen nicht mit elektronischer Rechnung abgerechnet werden. Gleiches gilt für Rechnungen, die geheimhaltungsbedürftig im Sinne von § 8 der Verordnung sind oder die der Ausnahmeregelung von § 9 der Verordnung bei Angelegenheiten des Auswärtigen Dienstes und der sonstigen Beschaffungen im Ausland unterfallen.
Für welche Auftragnehmer gilt die Verordnung?
Die Verordnung gilt für alle Unternehmen im Sinne von § 14 Abs.1 BGB, die Rechnungen nach Erfüllung eines öffentlichen Auftrags an die öffentlichen Auftraggeber übermitteln. Erfasst sind ferner Rechnungssender, also Unternehmen, die elektronische Rechnung im Auftrag eines Rechnungsstellers ausstellen und übermitteln.
Welche Anforderungen müssen die Rechnungen künftig erfüllen?
1.) Die Ausstellung elektronischer Rechnungen soll über den Datenaustauschstandard XRechnung vom XX.XX.2017 (BAnz AT X) in der jeweils geltenden Fassung erfolgen oder in einem Datenaustauschstandard, der den Anforderungen der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung entspricht.
2.) Die Übermittlung der Rechnung hat (ausschließlich) über ein Verwaltungsportal des Bundes im Sinne von § 2 Abs. 2 des Onlinezugangsgesetzes zu erfolgen. Die Übermittlung per E-Mail oder Fax ist damit nicht zulässig.
3.) Elektronische Rechnungen, die keinem Nutzerkonto zugerechnet werden können, müssen vom Rechnungsempfänger abgelehnt werden, ohne dass dieser hierüber an den Rechnungssteller eine Benachrichtigung schicken muss.
Was muss ferner beachtet werden?
Vorteil eines Beschaffungsportals ist die zentrale Bündelung von Anliegen aller Art im Beschaffungsprozess an einer Stelle. Eine zentrale Anlaufstelle ist für alle Auftragnehmer angenehm. Allerdings bedeutet ein Portal auch zugleich einen zentralen Angriffspunkt. Um all die Daten, die über das Portal laufen sollen, zu schützen, muss ein hoher Sicherheitsstandard gewährleistet sein. Zudem bedeutet ein Ausfall, dass der gesamte Lieferantenkreis keinen Zugriff mehr auf das System hat, so dass sichergestellt werden muss, dass das System möglichst stabil ist. Gleichzeitig ist die Übermittlung von Rechnungen – und damit personenbezogener Daten – über das Internet ein datenschutzrelevanter Vorgang. Rechnungssteller müssen daher sicherstellen, dass die Daten nach dem Stand der Technik gespeichert und gesichert übermittelt werden. Die Daten dürfen zudem nicht zu anderen Zwecken als zur Rechnungsstellung genutzt werden bzw. auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers zur Erfüllung der haushaltsrechtlichen Pflichten. Jedwede andere Verarbeitung ist untersagt.
Betroffene Unternehmen und Behörden sollten daher bereits jetzt damit beginnen, die sichere Speicherung und den rechtlich korrekten Umgang mit den sensiblen Daten von Auftragnehmer und Auftraggeber sicherzustellen und ihre Mitarbeiter entsprechend datenschutzrechtlich zu schulen.
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